Auf Grund mehrfacher Anfragen, gebe ich hier eine Rezeptur, die keine großen Vorkenntnisse bedarf, an Hand.
Aus der Vielzahl der Rezepturen, die sicherlich einen “Neuling” mehr verschrecken als ihm Mut zu machen, habe ich das Rezept ausgesucht, mit dem auch ich vor Jahren angefangen hatte. Mehr zu dem Thema gibt es, mit einem einführenden Text, in den kommenden Tagen auf meiner homepage, derhausdoktor.net, unter Fachbeiträge.
Ich wünsche viel Spaß beim Ausprobieren und denken Sie daran, es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und ohne den kleinen, bitteren Beigeschmack der Erfahrung auch noch niemand klug geworden.
Hier der Beitrag:
“Kalk – Kasein – Leim (Auszug aus Kuhrt Wehlte – WERKSTOFFE UND TECHNIKEN DER MALEREI)
Rezept für Kalkkasein :
5 Volumenteile Quark (Magerquark)
1 Volumenteil Breikalk (Sumpfkalk)
Quark als Frischkasein wird zunächst in einem Tuch gut ausgepresst um die Überschüsse an Molke (Wasser + Eiweiss) zu entfernen. Die nun etwas trockenere, krümelige Masse gibt man in eine Reibschale und setzt ungefähr den 5. Teil Kalk hinzu. Diese Menge wird in der Praxis nie abgewogen, sondern lediglich abgeschätzt, denn es kommt in diesem Falle nicht auf genaue Mengenverhältnisse an (im Gegensatz zu einem neutralen Kalkkasein!). Den Kalk benutzt man, wie er aus der Grube, wo er eingesumpft lagerte, gestochen wird, also in buttriger Konsistenz. Mit dem Pistill werden nun Quark und Kalk gut miteinander verrieben. Man kann vorsichtshalber auch den Quark vorher schon einmal für sich allein durchreiben, um auf alle Fälle Klumpenbildungen zu vermeiden. Im Verlauf von ungefähr einer Minute, also enorm rasch, vollzieht sich der Aufschlussvorgang. Das Ergebnis ist eine zähflüssige Masse, die nur dann eine geringe Konsistenz hat, wenn noch zuviel Wasser im Quark vorhanden war. Manche Maler, die keine Reibschale zur Verfügung haben, nehmen statt dessen eine kleine Porzellan-, Kunststoff oder Emailleschale und ein selbstgeschnitztes klobiges Rührholz oder sie vermengen auch Quark und Kalk auf einer Reibplatte oder einer gewöhnlichen Glasplatte, indem beides miteinander sorgfältig durchgespachtelt wird. Die letztere Methode hat lediglich den Nachteil, dass der Kaseinleim im Augenblick des Aufschliessens leicht von der ebenen Platte abläuft. Eines Hinweises bedarf noch eine Erscheinung, die beim Kalkkaseinleim beginnt nach verhältnismässig kurzer Zeit, manchmal schon nach etwa einer Stunde, zu gelieren. Er wird dadurch unbrauchbar, denn er ist weder durch Wärmeanwendung noch durch erneutes Durchreiben mit einer kleinen Wassermenge wieder flüssig zu machen. Man entgeht jedoch dieser lästigen Erscheinung, indem man seine Farben möglichst sofort damit anreibt und den verbleibenden Bindemittelrest sogleich mit Wasser verdünnt. Bei einem geringen Konzentrationsgrad kommt es nämlich nicht zur Gallertbildung. Fertig angesetzte Kalkkasein Farben gelieren ebenfalls nicht mehr (meistens jedenfalls). An ihnen kann man lediglich eine andere Erscheinung beobachten, die für alle Kaseinfarben, mitunter sogar für Kasein-Temperafarben gilt:
Verschiedene Pigmente erweisen sich als stark thixotrop verdickend. Die Thixotropie ist ein merkwürdiger kolloid-chemischer Vorgang. Eine normale gebundene Farbe, die man in ebenso normaler Tubenkonsistenz auf Büchsen abfüllte, ist schon am folgenden Morgen eine sulzige Masse geworden. Der Maler ist dann leicht geneigt, solche Farbe mit Wasser zu verdünnen. Die Folge davon ist aber eine zu dünne, körperlose Farbbrühe, auch dann, wenn nur eine ganz kleine Wassermenge zugesetzt wurde. Rührt man dagegen eine thixotrope Farbe ohne Wasserzugabe mit einem Pinselstiel einfach durch, so nimmt sie sofort wieder ihre ursprüngliche Konsistenz an. Manchmal genügt sogar ein seitliches Beklopfen des Gefässes oder ein mehrmaliges Aufstossen auf die Tischplatte, um die Thixotropie aufzuheben.“
Siehe auch Fachbeitrag “Kalk, Kasein, nicht nur ein Rohstoff“